(05.Nov.16) Mehr Unwahrheiten zu Gladbecker "Vereinbarung"

Im  WAZ Artikel "Bürgerforum scheitert mit Anzeige" und dem Stadtspiegel Leserbrief "Stellungnahme A52" vom 5.11.16 wird auf den erst kürzlich auf der Website der Stadtverwaltung Gladbeck veröffentlichten Entwurf der angeblichen Vereinbarung zur A52 zwischen Bund, Land und Stadt verwiesen. Wissen wir jetzt, dass diese nicht von Belang ist, weil sie dreiseitig angelegt ist und sie Bundesverkehrsminister Dobrindt, anders als in Kopf- und Unterschriftszeile vorgesehen, nicht unterschrieben hat.

Es ist schon seltsam. Mindestens ein halbes Dutzend Experten, einschließlich die Richter des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen, haben die Akten der Stadtverwaltung durchforstet und die angeblich „endverhandelte“ und abgeschlossene, dreiseitige Vereinbarung vergeblich gesucht. Der fürs Grobe abgestellte Gladbecker Verwaltungsmitarbeiter hat die allgemeine Verwunderung über ihr Fehlen schon im Frühjahr 2016 mit der veröffentlichten Behauptung zu entkräften versucht, das Original liege beim Bundesverkehrsminister, der werde, so seine nicht belastbare Prophezeiung, in wenigen Tagen unterschreiben. Die Stadt habe aber eine beglaubigte Abschrift des Originals. Das jetzt veröffentlichte Bilddokument ist indessen weder eine solche beglaubigte Ausfertigung noch war sie Gegenstand irgendwelcher Akten, sonst wäre das auf der Darstellung vermerkt bzw. erkennbar.

Der verwaltungskundige und sonst unbefangene Betrachter könnte deshalb auf die krude Idee kommen, die NRW-Beteiligten am gescheiterten Deal mit dem für den Autobahnbau verantwortlichen Bund hätten unter dem Druck der Enthüllungen der letzten Tage (siehe z.B. StadtSpiegel 11.03.14) in einem Manöver der letzten Sekunde die präsentierte Fassung gerade eben erst erstellt. Das darf man aber wohl kaum vermuten, und das wollen wir auch nicht. Denn Herr Groschek ist immerhin Spitzenpolitiker unseres Landes, und Herr Roland setzt sich stets intensiv für  moralisch einwandfreies, politischen Verhalten ein. Beispielsweise hat er in seiner Rede vor dem Rat zur A52 vom 18.9.2014 ein flammendes Plädoyer für Verlässlichkeit und Wahrheit im öffentlichen Diskurs gehalten, siehe

Aus der Rede des Gladbecker Bürgermeisters, Herrn Ulrich Roland, zum Thema A52 vor dem Rat der Stadt am 18.9.2014,

bei der es um die für Gladbeck überraschende Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens für den ersten Abschnitt der A52 auf Gladbecker Stadtgebiet ging.

Die Gladbecker, so Roland, hätten sich im Ratsbürgerentscheid gegen die A52 entschieden. Der entscheidende Satz auf dem Stimmzettel habe gelautet: „Mit „Nein“ stimmen Sie gegen die finanzielle Beteiligung der Stadt. Mit „Nein“ stimmen Sie für einen Abbruch des Planungsprozesses der B224 zur A52 auf Gladbecker Stadtgebiet durch das Land Nordrhein-Westfalen.“

Michael Heinze, der zuständige Ministerialrat im NRW-Verkehrsministerium, habe zum Beispiel am 9.2.2012 in einer Großveranstaltung in der Mathias Jakobs-Stadthalle wörtlich erklärt (wird als Filmausschnitt in den Ratssaal eingespielt): „Wenn kein Konsens vor Ort besteht und auch die Finanzierung mittelfristig nicht gesichert ist, dann planen wir nicht mehr weiter.“ Das habe sich wie ein roter Faden durch jede Informationsveranstaltung gezogen.

Roland dazu wörtlich:
„Wenn man eine Erziehung mittlerer, bei mir christlicher Art und Güte, erhalten hat und halbwegs etwas von Ehrlichkeit zumindest unter erwachsenen Menschen hält, gerade bei solchen öffentlichen Prozessen, dann habe ich darauf vertraut, was uns gesagt worden ist. …

Was soll ich denn dann als Bürgermeister anderes machen? Soll ich sagen, wir sind in Sizilien und gehen nochmal in ein Hinterzimmer ein bisschen schachern?

Wenn wir jede Form von Verlässlichkeit, von öffentlicher Verlässlichkeit abschaffen, dann ist dieses Stück ein Paradebeispiel.“

„Wir alle müssen aufpassen, dass die Wahrheit nicht unter die Räder kommt. Ihr kennt alle meinen Slogan: „was moralisch falsch ist, kann politisch nicht richtig sein“.

end artikel

Was bleibt, ist, dass

  1. es die von manchen Gladbeckern erhoffte Planungs- und Finanzierungssicherheit für einen Tunnel definitiv nicht gibt. Der Bund sieht im Fernstraßenausbaugesetz wie schon vor 10 Jahren eine offene Trassenführung vor; die dem gegenüber unmaßgeblichen Planungsvorstellungen der NRW-Straßenverwaltung sind nicht zielführend, weil sie nicht von den gesetzlich festgelegten Absichten des Auftrag gebenden Bundes gedeckt sind; das Land darf den angeblich versprochenen Tunnel nicht finanzieren, und es hat dies auch nie zugesagt.
  2. der heutige, für die Gladbecker und Bottroper unerträgliche Zustand noch lange Jahre unverändert bestehen bleiben wird, wenn wir uns nicht entschlossen für eine Verbesserung der Mobilität in der Region einsetzen.